Ausgewählte Eichendorff-Gedichte
Abschied
O Täler weit, o Höhen,
O schöner, grüner Wald,
Du meiner Lust und Wehen
Andächtger Aufenthalt!
Da draußen, stets betrogen,
Saust die geschäftge
Welt,
Schlag noch einmal die Bogen
Um mich, du grünes Zelt!
Wenn es beginnt zu tagen,
Die Erde dampft und blinkt,
Die Vögel lustig
schlagen,
Dass dir dein Herz erklingt:
Da mag vergehn, verwehen
Das
trübe Erdenleid,
Da sollst du auferstehen
In junger Herrlichkeit!
Da steht im Wald geschrieben
Ein stilles, ernstes Wort
Von rechtem Tun
und Lieben,
Und was des Menschen Hort.
Ich habe treu gelesen
Die
Worte, schlicht und wahr,
Und durch mein ganzes Wesen
Wards
unaussprechlich klar.
Bald werd ich dich verlassen,
Fremd in der Fremde gehn,
Auf buntbewegten
Gassen
Des Lebens Schauspiel sehn;
Und mitten in dem Leben
Wird deines
Ernsts Gewalt
Mich Einsamen erheben,
So wird mein Herz nicht alt.
Mondnacht
Es war, als hätt der Himmel,
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten
sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Das zerbrochene Ringlein
In einem kühlen Grunde
Da geht ein Mühlenrad,
Mein
Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.
Sie hat mir Treu versprochen,
Gab mir ein’n Ring
dabei,
Sie hat die Treu gebrochen,
Mein Ringlein sprang entzwei.
Ich möcht als Spielmann reisen
Weit in die Welt
hinaus,
Und singen meine Weisen,
Und gehn von Haus zu Haus.
Ich möcht als Reiter fliegen
Wohl in die blutge
Schlacht,
Um stille Feuer liegen
Im Feld bei dunkler Nacht.
Hör ich das Mühlrad gehen;
Ich weiß nicht, was ich
will –
Ich möcht am liebsten sterben,
Da wärs auf einmal still!
Der Jäger Abschied
Wer hat dich, du schöner Wald,
Aufgebaut so hoch da
droben?
Wohl den Meister will ich loben,
So lang noch mein Stimm
erschallt.
Lebe wohl,
Lebe wohl, du schöner Wald!
Tief die Welt verworren schallt,
Oben einsam Rehe
grasen,
Und wir ziehen fort und blasen,
Dass es tausendfach verhallt:
Lebe wohl,
Lebe wohl, du schöner Wald!
Banner, der so kühle wallt!
Unter deinen grünen
Wogen
Hast du treu uns auferzogen;
Frommer Sagen Aufenthalt!
Lebe
wohl,
Lebe wohl, du schöner Wald!
Was wir still gelobt im Wald,
Wollens draußen
ehrlich halten,
Ewig bleiben treu die Alten:
Deutsch Panier, das
rauschend wallt,
Lebe wohl,
Schirm dich Gott, du schöner Wald!